Kickoff Wirkstoffzentrum
Von der Grundlagenforschung zum Medikament: Neues Zentrum verstärkt Wirkstoffforschung im Saarland
Bis ein neuer Wirkstoff aus der Grundlagenforschung als Medikament auf den
Markt kommt, vergehen oft viele Jahre. Um diesen Prozess zu beschleunigen,
werden das Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS)
und die Universität des Saarlandes künftig noch enger zusammenarbeiten. Sie
haben dafür jetzt das Zentrum für translationale Wirkstoffforschung gegründet,
in dem sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beider Institutionen mit
dem Universitätsklinikum in Homburg sowie der pharmazeutischen Industrie eng
vernetzen werden.
Ausgangspunkt für die Weiterentwicklung des Helmholtz-Instituts für Pharmazeutische
Forschung Saarland, einem Standort des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung
(HZI), ist die Förderung von 70 Millionen Euro, die Bund und Land im vergangenen Jahr
für den thematischen und räumlichen Ausbau zugesagt haben. Zudem werden alle
Partner personelle Ressourcen und aufwändige Labortechnik für die enge
Zusammenarbeit nutzen. Tobias Hans, Ministerpräsident des Saarlandes, betont: „Mit
dem Ausbau der Forschungskapazitäten im Saarland stärken wir gezielt die
Schlüsselbereiche unserer Innovationsstrategie. Tragende Säule des
Forschungsschwerpunkts „NanoBioMed“ bildet – gemeinsam mit der Universität – das
HIPS. Der Ausbau des HIPS und die enge Zusammenarbeit mit der Universität stellen
die Weichen für Wirkstoffforschung im Saarland auf Spitzenniveau. Neben exzellenter
Forschung sehe ich speziell durch die anwendungsorientierte translationale
Wirkstoffforschung auch großes Entwicklungspotenzial für die saarländische
Wirtschaft.“
Das übergreifende Ziel dabei ist es, Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung, in Form
von Wirkstoffen, in die klinische Anwendung zu bringen – ein Prozess, der in der
pharmazeutischen Forschung als Translation bezeichnet wird.
Um diesen Entwicklungsprozess zu beschleunigen, gilt es, die anwendungsorientierte Forschung in
verschiedenen Bereichen der Lebenswissenschaften mit der klinischen Forschung und
der pharmazeutischen Industrie eng zu verknüpfen. Eine Aufgabe wird daher auch sein,
neue Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft in gemeinsame Projekte einzubinden.
„Die zusätzlichen Mittel von Bund und Land ermöglichen uns die signifikante
Erweiterung unserer Expertise sowie den erforderlichen Ausbau der Ressourcen des
HIPS. Über diese Möglichkeit sind wir hoch erfreut. Durch ein gezieltes kooperatives
Arbeitsprogramm mit unseren Partnern der Universität des Saarlandes können wir die
unterschiedlichen Disziplinen näher zusammenbringen. So kommen wir einer
zielgerichteten Wirkstoffforschung einen großen Schritt näher“, sagt der
Geschäftsführende Direktor des HIPS, Rolf Müller.
Zu Beginn wird das Zentrum in erster Linie als virtuelles Netzwerk agieren, in Zukunft
aber sollen die Forscherinnen und Forscher im direkten Austausch am HIPS
zusammenarbeiten.
Von Seiten der Universität des Saarlandes kommen diese vor allem
aus der Medizin, Informatik, Bioinformatik und Chemie. Gemeinsam mit dem HIPS
werden sie sich auf die verschiedenen Teilbereiche der Wirkstoffentwicklung
konzentrieren. Dabei gilt es, neue Wirkstoffe zu identifizieren, diese systematisch zu
analysieren und die Wirksubstanzen auf chemische und biotechnologische Weise zu
verbessern. Zudem geht es um die Frage, wie Wirkstoffe zu ihrem Wirkort im Körper
transportiert werden können.
Ein weiterer Schwerpunkt werden die bioinformatischen
Methoden sein, mit denen die Wirkstoffentwicklung enorm beschleunigt werden kann.
Dabei müssen große Datenmengen analysiert werden, wie sie etwa bei der
Genomsequenzierung von mikrobiellen Wirkstoffproduzenten entstehen.
Universitätspräsident Manfred Schmitt betrachtet das neue Zentrum als große Chance:
„Es bietet uns nunmehr die Möglichkeit, auf dem Gebiet der Wirkstoffforschung noch
enger zusammenzuwachsen und die vorhandenen Synergien bestmöglich und maximal
zu nutzen. Im Saarland haben wir am HIPS und an beiden Standorten der Universität
hochkarätige Forscherteams, die sich in der biomedizinischen Grundlagenforschung, in
präklinischen Studien und in der klinischen Anwendung auf höchstem
wissenschaftlichem Niveau mit neuen Wirkstoffen beschäftigen.“
Im Mittelpunkt des neuen Zentrums wird auch die Mikrobiomforschung stehen. Diese
befasst sich damit, wie körpereigene Bakterien für die Wirkstoffentwicklung nutzbar
gemacht werden können. Sie erfordert einen engen Schulterschluss zwischen
Naturwissenschaften und Medizin.
Damit die Ergebnisse aus der Grundlagenforschung letztendlich in neue Wirkstoffe münden werden, konnten für das neue Zentrum bereits
erfahrene Wissenschaftler und Pharmazeuten aus der Industrie gewonnen werden. Sie
sollen die Translationsprozesse von vielversprechenden Projekten in beratender
Funktion begleiten und somit die Erfolgschancen für eine Vermarktung erhöhen. Auch
die Ausgründung von Biotech-Start-Ups soll gefördert werden. „Das HIPS ist ein
exzellentes Beispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen einer
außeruniversitären Forschungseinrichtung wie dem HZI und einer Universität, bei der
beide Partner ihre Expertise in der pharmazeutischen Forschung bündeln und stärken“,
sagt Dirk Heinz, Wissenschaftlicher Geschäftsführer des HZI. „Die thematische
Erweiterung bietet nun zusätzliche Anknüpfungspunkte, um die Interaktionen des HZI
und seiner Standorte mit dem HIPS und der Universität des Saarlandes weiter zu
intensivieren.“
Hintergrund: Beteiligte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
Zum Start des neuen Zentrums für translationale Wirkstoffforschung wurden neben
den Wissenschaftlern des HIPS bereits sechs weitere Professorinnen und Professoren
mit eingebunden: Professor Robert Bals (Molekulare Therapien für
Lungenerkrankungen) und die Professorin Sigrun Smola (Wirkstoffforschung für
persistente Viruserkrankungen) vom Universitätsklinikum Homburg, die Professoren
Andreas Keller (Klinische Bioinformatik), Andriy Luzhetskyy (Metabolic Engineering von
Aktinomyzeten) und Uli Kazmaier (Totalsynthese von Naturstoffen) von der Universität
des Saarlandes sowie Professor Stephan Sieber von der TU München (TargetIdentifizierung von Naturstoffen).
Um den Themenbereich Bioinformatik sowie die
Mikrobiom- und Naturstoffforschung am HIPS weiter zu stärken, laufen derzeit
Berufungsverfahren für entsprechende Professuren gemeinsam mit der Universität des
Saarlandes. Parallel werden an der Universität neue Professuren in den Bereichen
Bioinformatik, Naturstoffsynthese, Gastroenterologie und Strukturbiologie eingerichtet,
die in das virtuelle Wirkstoffzentrum eingebunden werden sollen.
Dieser Beitrag wurde ursprünglich von der Universität des Saarlandes veröffentlicht