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Category: Allgemein

Die Zukunft der Elektromobilität im Saarland gestalten

Die Zukunft der Elektromobilität im Saarland gestalten

Nach dem Bachelor in Maschinenbau direkt zum Aufbau eines Werks


Maxim Hantsch-Kramskoj, Alumnus Maschinenbau, Vice President Sales & Marketing SVOLT Europe

Das Ingenieurwesen liegt bei uns wohl in der Familie: Mein Vater ist Ingenieur, Großvater und Großmutter waren ebenfalls Ingenieur und Ingenieurin sowie auch deren Eltern. Unabhängig davon hat mich die Welt um mich herum schon immer interessiert. Ich wollte schon immer wissen, warum was wie funktioniert. Als Ingenieur habe ich die Chance erhalten, genau das zu tun.

Also habe ich Maschinenbau und Prozesstechnik an der htw saar studiert und mit dem Bachelor abgeschlossen. Das Tolle ist, dass die htw saar so stark vernetzt ist. So konnte ich parallel zum Studium als Konstrukteur im Sondermaschinen- und Anlagenbau in Festanstellung arbeiten, später dann als Projektleiter in Vollzeit – das war jedoch kein duales Studium. Und dann bekam ich die Gelegenheit, meine Expertise in China beim Aufbau eines ersten Werks mit einzubringen. Ich war damals für den Aufbau der Konstruktion in China und den relevanten Know-how-Transfer von Europa nach Asien und zurück verantwortlich. Da ich zu diesem Zeitpunkt bereits mitten in der Arbeitswelt war, war der Master für mich damals keine wirkliche Option mehr.

Ein wesentlicher Aspekt am ingenieurwissenschaftlichen Studium ist, dass ich gelernt habe, strukturiert zu arbeiten. Gleichzeitig ist es entscheidend, effizient zu lernen, da die Anzahl der Themenfelder sehr groß ist. Für mich schafft das Studium eine sehr weite Perspektive und erlaubt somit, die Welt mit anderen Augen zu sehen. Wie gesagt, ich habe mich für fast alles interessiert, vor allem für den Bereich Konstruktion. Sprachen lagen mir damals weniger, umso erstaunlicher ist es, dass heute die Sprache eines meiner wertvollsten Tools ist.

Das Tolle ist, dass die htw saar so stark vernetzt ist. So konnte ich parallel zum Studium als Konstrukteur im Sondermaschinen- und Anlagenbau in Festanstellung arbeiten, später dann als Projektleiter in Vollzeit – das war jedoch kein duales Studium.


„Einen der wichtigsten Märkte ab Tag 1 mitgestalten“

Mein weiterer Lebensweg liegt klar vor mir: Ich bin angetreten, um das Hightech-Unternehmen SVOLT, das auf die Produktion von Batterien für E-Fahrzeuge spezialisiert ist, in Europa erfolgreich zu machen. Das verdanke ich auch dem perfekten Timing im Jahr 2019: Ich war damals mit dem Aufbau einer Business Unit beim Technologieunternehmen ABB gerade fertig, und ABB hatte zu dieser Zeit begonnen, das Unternehmen global umzustrukturieren. Dies war für mich der Anlass, mich anderweitig zu orientieren. Ich kannte den Europa-Vorstand von SVOLT aus unserer gemeinsamen Zeit bei einem kanadischen Automotive-Zulieferer, und wir haben über die Jahre immer den Kontakt gehalten. Herr Wollenhaupt kam ca. drei Monate vor mir zu SVOLT – das hat hervorragend gepasst. Die Pläne von SVOLT habe ich als eine große Chance gesehen, sowohl das, was ich gerade bei ABB machen konnte, in einem Großformat auszurollen, als auch die aus meiner Sicht entscheidenden Werte in eines der wichtigsten Technologiefelder der kommenden 30 Jahre frühzeitig zu verankern. Und dazu gehören für mich Werte wie Diversität, Menschlichkeit, Fokus auf Kundeinnen und Mitarbeiterinnen gleichermaßen, Commitment und die feste Überzeugung, dass wir das Richtige tun.

Wir haben jetzt die einmalige Chance, mit der Elektromobilität einen der wichtigsten Märkte der Zukunft von Tag 1 an mitzugestalten. Die Haltung „Das haben wir schon immer so gemacht“ gibt es nicht bei SVOLT, so brauchen wir keine alten Strukturen aufzubrechen, sondern können neue, zeitgemäße und zukunftsweisende schaffen. Mit unserer Arbeit bei SVOLT leisten wir einen Beitrag gegen den Klimawandel. Dabei habe ich die Chance, Arbeitsplätze zu schaffen, die nachhaltig und zukunftssicher sind. Und das im Saarland in einem Bundesland, das diese dringend benötigt und in Zukunft noch dringender benötigen wird. Schon heute arbeite ich mit großartigen Menschen zusammen, die als Teil meines Teams mit mir gemeinsam diesen Weg gehen und mich immer wieder aufs Neue verblüffen. Vom Saarland aus habe ich die Chance, ein chinesisches Unternehmen zu internationalisieren. Das ist eine besondere Herausforderung, da die Kulturen sich sehr unterscheiden und ein hohes Maß an Komplexität besteht. Aber ich mag Dinge, die mich herausfordern.

Dieser Text wurde ursprünglich von der htw saar veröffentlicht.

Saar-Universität bietet „Computer Science“ und „Cybersecurity“ Bächelorstudiengänge an

Saar-Universität bietet englischsprachige Informatik-Bachelorstudiengänge an


Im Wintersemester 2021/22 starten an der Universität des Saarlandes mit „Computer Science“ und „Cybersecurity“ zwei Bachelorprogramme der Informatik, die komplett auf Englisch gelehrt werden. Damit ist die Saar-Universität die erste staatliche Hochschule in Deutschland, die rein englischsprachige Bachelorstudiengänge auf dem Gebiet der Informatik anbietet. Der Schritt schärft das internationale Profil des Standorts und macht die Uni damit noch attraktiver für Studierende aus dem In- und Ausland.

Dass die neuen Bachelorstudiengänge in der Fachrichtung Informatik eingerichtet werden, ist kein Zufall. In ihrer mehr als 50-jährigen Geschichte zeichnete sich die Saarbrücker Informatik schon immer durch ihre internationale Orientierung aus. Bereits seit mehr als 15 Jahren wird hier ab dem dritten Studienjahr vollständig auf Englisch gelehrt und mehr als die Hälfte aller Studierenden der Informatik-Masterstudiengänge kommen aus dem Ausland. Inzwischen forschen, lehren und studieren am ‚Saarland Informatics Campus‘ rund 2100 Studierende und 800 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus mehr als 80 Nationen.

„Kaum ein anderes Fach hat so starke Auswirkungen auf unser tägliches Leben und ist dabei so international geprägt wie die Informatik,“ sagt Sebastian Hack, Informatik-Professor der Universität des Saarlandes und verantwortlich für den neuen Bachelorstudiengang ‚Computer Science‘. „Um schon zum Bachelor Talente aus aller Welt für unseren Forschungs- und Wirtschaftsstandort gewinnen zu können, ist die Öffnung unserer Bachelor-Studiengänge ein essenzieller Faktor. Dieses Angebot bereitet auch unsere einheimischen Studierenden noch besser auf eine globalisierte Arbeitswelt vor, in der das Englische von überragender Bedeutung ist“, so Sebastian Hack weiter.

© Oliver Dietze

Auch im Bereich der Cybersicherheit wird das Studienangebot an der Saar-Universität um einen englischsprachigen Studiengang erweitert. Christian Rossow, verantwortlicher Professor der Universität des Saarlandes und Forscher am CISPA Helmholtz-Zentrum für Informationssicherheit, sagt dazu: „Cybersicherheit ist schon heute eines der bestimmenden Themen – egal ob politisch, wirtschaftlich oder sozial. Durch die Intensivierung der Ausbildung exzellenter Sicherheitsexperten leisten wir somit einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag und wirken vom Saarland in die ganze Welt.“

Die internationale Ausrichtung der Universität des Saarlandes wird mit den neuen Angeboten weiter gestärkt, da so auch internationale Studierende gewonnen werden können, die zu Beginn noch keine Deutschkenntnisse aufweisen. Im Rahmen ihres Studiums belegen sie dann vor Ort Deutschkurse am Internationalen Studienzentrum Saar. Im vergangenen Jahr wurde die Universität mit dem Projekt Transform4Europe als „Europäische Hochschule“ ausgezeichnet, bereits seit 2008 ist die Hochschule im grenzübergreifenden Verbund „Universität der Großregion“ engagiert. Über ihre überdurchschnittlich hohe Zahl an internationalen und grenzüberschreitenden Studiengängen mit Doppelabschluss sowie das Erasmus+-Programm und zahlreiche außereuropäische Studienprogramme ist die Saar-Universität zudem weltweit vernetzt.

„Forschung und Lehre finden an der Universität des Saarlandes schon immer über Ländergrenzen hinweg statt. Seit ihrer Gründung steht die Saar-Universität für internationale Kooperation und Wissenstransfer, weshalb es nur konsequent ist, dass wir nunmehr als erste staatliche Hochschule in Deutschland den Schritt gehen, in der Informatik rein englischsprachige Bachelorstudiengängeanzubieten“, sagt Universitätspräsident Manfred Schmitt.


Hintergrund Saarland Informatics Campus

800 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und rund 2100 Studierende aus mehr als 80 Nationen machen den Saarland Informatics Campus (SIC) zu einem der führenden Standorte für Informatik in Deutschland und Europa. Fünf weltweit angesehene Forschungsinstitute, nämlich das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), das Max-Planck-Institut für Informatik, das Max-Planck-Institut für Softwaresysteme, das Zentrum für Bioinformatik und das Cluster für „Multimodal Computing and Interaction“ sowie die Universität des Saarlandes mit drei vernetzten Fachrichtungen und 24 Studiengänge decken das gesamte Themenspektrum der Informatik ab. 

Dieser Text wurde urprünglich von der Universität des Saarlandes veröffentlicht.

Saar-Universität stärkt ihren Europa-Schwerpunkt

Saar-Universität stärkt ihren Europa-Schwerpunkt.

Kooperation mit der Villa Vigoni am Comer See


Die Universität des Saarlandes startet eine Kooperation mit der Villa Vigoni, dem Deutsch-Italienischen Zentrum für den Europäischen Dialog am Comer See. Unter dem Titel „Exzellenzlabor Europa“ entsteht dabei ein internationales Diskussionsforum der Europaforschung in den Kultur- und Sozialwissenschaften. Zum Auftakt findet vom 9. bis 13. September 2021 in der Villa Vigoni die Sommerschule „Restitution, Reparationen, Reparation – Wege zu einer neuen Weltgesellschaft?“ statt.

Der Kooperationsvertrag wird am 11. September im Rahmen eines Festaktes unterzeichnet.   

Die Villa Vigoni gilt als einer der bedeutendsten Orte für die deutsch-italienische Wissenschaftskooperation und als wichtige Plattform für den interdisziplinären Dialog auf europäischer Ebene. Mit der Vereinbarung zur gemeinsamen Einrichtung eines „Exzellenzlabors Europa“ kann die Universität des Saarlandes ihren Europa-Schwerpunkt wesentlich stärken und profilieren. Sie ist – neben den Universitäten in Frankfurt/Main und Hamburg – die dritte Universität in Deutschland, die eine Kooperation mit der Villa Vigoni eingeht. 

© Villa VigoniDie Villa Vigoni am Comer See: Sie ist Sitz des Villa Vigoni e. V., ein bilateraler Verein, der 1986 durch die Bundesrepublik Deutschland und die Republik Italien gegründet wurde.
Als Deutsch-Italienisches Zentrum für den Europäischen Dialog engagiert sich die Villa Vigoni für die deutsch-italienischen Beziehungen und die Zusammenarbeit in europäischer Perspektive.

Das„Exzellenzlabor Europa“, das künftig einmal im Jahr in der Villa Vigoni stattfinden soll, richtet sich insbesondere an junge Kultur- und Sozialwissenschaftler.

„In diesem Diskussionsforum für jüngere Forscherinnen und Forscher wollen wir in den kommenden Jahren interdisziplinäre Reflexionen über europäische Themen anregen und Fragestellungen diskutieren, die Europas Beziehungen in und zur Welt thematisieren“, erklärt Markus Messling. Der Saarbrücker Professor für Romanische Kulturwissenschaft und Interkulturelle Kommunikation hat gemeinsam mit der Komparatistin Prof. Christiane Solte-Gresser das diesjährige erste Exzellenzlabor Europa initiiert, das vom 9. bis 13. September in der Villa Vigoni am Comer See stattfindet – als internationale Sommerschule für 18 Doktorandinnen und Doktoranden aus verschiedenen Ländern Europas.

Mit einem Festakt wird die Kooperation am 11. September von der Generalsekretärin der Villa Vigoni Dr. Christiane Liermann Traniello und Universitätspräsident Prof. Manfred Schmitt in der Villa Vigoni eröffnet. Die Festrede hält Prof. Patricia Oster-Stierle, Vorsitzende des Clusters für Europaforschung der Universität des Saarlandes (CEUS), das das Exzellenzlabor Europa koordiniert und verantwortet. Im Anschluss findet eine Lesung mit Gespräch mit der Schriftstellerin Helena Janeczek statt, die 2018 mit dem „Premio Strega“, dem wichtigsten Literaturpreis Italiens, ausgezeichnet wurde. Lesung und Gespräch werden moderiert von der Literaturkritikerin, Autorin und Journalistin Dr. Maike Albath.  

„Wir sind sehr stolz über die Gelegenheit, durch die Kooperation künftig jedes Jahr internationale Geisteswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler in der Villa Vigoni zusammenzubringen“, freut sich Universitätspräsident Manfred Schmitt. „Das ‚Exzellenzlabor Europa‘ trägt auch dazu bei, den Europa-Schwerpunkt der Universität des Saarlandes weiterzuentwickeln und nachhaltig zu stärken.“ 


Die internationale Sommerschule widmet sich unter dem Titel „Restitution, Reparationen, Reparation – Wege zu einer neuen Weltgesellschaft?“ der Frage nach den ethischen Konsequenzen, die mit dem Ruf nach materiellen Reparationen verbunden sind. Unter anderem soll darüber diskutiert werden, wie sich Europa in der aktuellen Zeit der Krise, in der sich alte Machtstrukturen fortsetzen und soziale Ungleichheiten wachsen, positionieren sollte. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Sommerschule können sich dazu mit renommierten internationalen Gästen austauschen.

Gäste der Sommerschule sind die Literaturwissenschaftlerin Aurélia Kalisky (Berlin) mit ihrer Forschung über Zeugenschaft im Kontext der Shoah und kolonialer Verbrechen, die Autorin Igiaba Scego (Rom), die in ihrem Werk die Erfahrung von Trauma und die Möglichkeiten der Heilung in (post-)kolonialen Zusammenhängen thematisiert, sowie die Soziologin Angelica Pesarini (Toronto) und der Kulturanthropologe Jonas Tinius (Saarbrücken), die sich mit gesellschaftlichen Voraussetzungen und Konsequenzen dekolonialer Museumsarbeit in Italien und Deutschland auseinandersetzen; darüber hinaus die Schriftstellerin Helena Janeczek (Mailand) mit ihrem literarischen Werk zu Erinnerung und Shoah sowie der Philosoph Olivier Remaud (Paris), der in seiner aktuellen Publikation „Penser comme un iceberg“ Mensch-Natur-Verhältnisse neu denkt. 

Die Kooperation zwischen der Villa Vigoni und der Universität des Saarlandes verdankt sich der Initiative von Dr. Christiane Liermann Traniello, Generalsekretärin der Villa Vigoni, und von Prof. Markus Messling. Von Seiten der Universität des Saarlandes werden im diesjährigen „Exzellenzlabor“ zwei Leuchttürme im Europa-Schwerpunkt zusammengeführt – das DFG-Graduiertenkolleg „Europäische Traumkulturen“ und der ERC Grant „Minor Universality. Narrative World Productions After Western Universalism“. Das Cluster für Europaforschung (CEUS) der Universität des Saarlandes, in dessen Collegium Prof. Messling und Prof. Solte-Gresser Mitglieder sind, hat als fakultätsübergreifende Plattform im Europa-Schwerpunkt den Auftrag, dieses interdisziplinäre Format zu koordinieren.

Das Diskussionsforum in der Vigoni über aktuelle gesellschaftspolitische Themen erlaubt es uns, gemeinsam und im Gespräch nachzudenken. Besonders freue ich mich über die Chancen, die unsere Kooperation für die Doktorandinnen und Doktoranden hat – denn gerade für die jungen Kolleginnen und Kollegen in den Kultur- und Sozialwissenschaften ist die Erfahrung wichtig, dass Kulturreflexion eine gesellschaftliche Bedeutung hat.«

Prof. Markus Messling

Hintergrund:

Die Villa Vigoni e. V. ist ein bilateraler Verein, der 1986 durch die Bundesrepublik Deutschland und die Republik Italien gegründet wurde. Als Deutsch-Italienisches Zentrum für den Europäischen Dialog engagiert sich die Villa Vigoni für die deutsch-italienischen Beziehungen und die Zusammenarbeit in europäischer Perspektive und setzt sich für Ausbau und Vertiefung eines Dialogs in Wissenschaft, Kultur, Politik und Gesellschaft ein. Von diesem Schwerpunkt aus bietet die Villa Vigoni heute einen Ort der interkulturellen Begegnung und Diskussion für eine weite Spanne an Themen und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der ganzen Welt. Seit vielen Jahren bestehen ebenfalls trinationale Programme in deutsch-italienisch-französischer Kooperation. 

Das Cluster für Europaforschung (CEUS) hat das Ziel, die Universität des Saarlandes in den kommenden Jahren als eine der führenden Europa-Universitäten Deutschlands zu etablieren. Es geht aus dem 2012 gegründeten Europa-Kolleg hervor und wurde 2020 neu strukturiert. Als zentrales und interdisziplinäres Forschungs- und Kompetenzzentrum der Universität im Themenfeld Europa vernetzt das CEUS die Europa-Akteure der Universität, um fachübergreifende Verbundaktivitäten in Forschung und Lehre zum Gegenstand Europa auf Exzellenzniveau zu generieren, zu bündeln und nachhaltig für den Universitätsstandort Saarland fruchtbar zu machen.

Dieser Text wurde urprünglich von der Universität des Saarlandes veröffentlicht.

Kickoff Wirkstoffzentrum

Von der Grundlagenforschung zum Medikament: Neues Zentrum verstärkt Wirkstoffforschung im Saarland


Bis ein neuer Wirkstoff aus der Grundlagenforschung als Medikament auf den
Markt kommt, vergehen oft viele Jahre. Um diesen Prozess zu beschleunigen,
werden das Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS)
und die Universität des Saarlandes künftig noch enger zusammenarbeiten. Sie
haben dafür jetzt das Zentrum für translationale Wirkstoffforschung gegründet,
in dem sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beider Institutionen mit
dem Universitätsklinikum in Homburg sowie der pharmazeutischen Industrie eng
vernetzen werden.

Ausgangspunkt für die Weiterentwicklung des Helmholtz-Instituts für Pharmazeutische
Forschung Saarland, einem Standort des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung
(HZI), ist die Förderung von 70 Millionen Euro, die Bund und Land im vergangenen Jahr
für den thematischen und räumlichen Ausbau zugesagt haben. Zudem werden alle
Partner personelle Ressourcen und aufwändige Labortechnik für die enge
Zusammenarbeit nutzen. Tobias Hans, Ministerpräsident des Saarlandes, betont: „Mit
dem Ausbau der Forschungskapazitäten im Saarland stärken wir gezielt die
Schlüsselbereiche unserer Innovationsstrategie. Tragende Säule des
Forschungsschwerpunkts „NanoBioMed“ bildet – gemeinsam mit der Universität – das
HIPS. Der Ausbau des HIPS und die enge Zusammenarbeit mit der Universität stellen
die Weichen für Wirkstoffforschung im Saarland auf Spitzenniveau. Neben exzellenter
Forschung sehe ich speziell durch die anwendungsorientierte translationale
Wirkstoffforschung auch großes Entwicklungspotenzial für die saarländische
Wirtschaft.“


Das übergreifende Ziel dabei ist es, Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung, in Form
von Wirkstoffen, in die klinische Anwendung zu bringen – ein Prozess, der in der
pharmazeutischen Forschung als Translation bezeichnet wird.

Um diesen Entwicklungsprozess zu beschleunigen, gilt es, die anwendungsorientierte Forschung in
verschiedenen Bereichen der Lebenswissenschaften mit der klinischen Forschung und
der pharmazeutischen Industrie eng zu verknüpfen. Eine Aufgabe wird daher auch sein,
neue Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft in gemeinsame Projekte einzubinden.
„Die zusätzlichen Mittel von Bund und Land ermöglichen uns die signifikante
Erweiterung unserer Expertise sowie den erforderlichen Ausbau der Ressourcen des
HIPS. Über diese Möglichkeit sind wir hoch erfreut. Durch ein gezieltes kooperatives
Arbeitsprogramm mit unseren Partnern der Universität des Saarlandes können wir die
unterschiedlichen Disziplinen näher zusammenbringen. So kommen wir einer
zielgerichteten Wirkstoffforschung einen großen Schritt näher“, sagt der
Geschäftsführende Direktor des HIPS, Rolf Müller.


Zu Beginn wird das Zentrum in erster Linie als virtuelles Netzwerk agieren, in Zukunft
aber sollen die Forscherinnen und Forscher im direkten Austausch am HIPS
zusammenarbeiten.

Von Seiten der Universität des Saarlandes kommen diese vor allem
aus der Medizin, Informatik, Bioinformatik und Chemie. Gemeinsam mit dem HIPS
werden sie sich auf die verschiedenen Teilbereiche der Wirkstoffentwicklung
konzentrieren. Dabei gilt es, neue Wirkstoffe zu identifizieren, diese systematisch zu
analysieren und die Wirksubstanzen auf chemische und biotechnologische Weise zu
verbessern. Zudem geht es um die Frage, wie Wirkstoffe zu ihrem Wirkort im Körper
transportiert werden können.

Ein weiterer Schwerpunkt werden die bioinformatischen
Methoden sein, mit denen die Wirkstoffentwicklung enorm beschleunigt werden kann.
Dabei müssen große Datenmengen analysiert werden, wie sie etwa bei der
Genomsequenzierung von mikrobiellen Wirkstoffproduzenten entstehen.
Universitätspräsident Manfred Schmitt betrachtet das neue Zentrum als große Chance:
„Es bietet uns nunmehr die Möglichkeit, auf dem Gebiet der Wirkstoffforschung noch
enger zusammenzuwachsen und die vorhandenen Synergien bestmöglich und maximal
zu nutzen. Im Saarland haben wir am HIPS und an beiden Standorten der Universität
hochkarätige Forscherteams, die sich in der biomedizinischen Grundlagenforschung, in
präklinischen Studien und in der klinischen Anwendung auf höchstem
wissenschaftlichem Niveau mit neuen Wirkstoffen beschäftigen.“


Im Mittelpunkt des neuen Zentrums wird auch die Mikrobiomforschung stehen. Diese
befasst sich damit, wie körpereigene Bakterien für die Wirkstoffentwicklung nutzbar
gemacht werden können. Sie erfordert einen engen Schulterschluss zwischen
Naturwissenschaften und Medizin.

Damit die Ergebnisse aus der Grundlagenforschung letztendlich in neue Wirkstoffe münden werden, konnten für das neue Zentrum bereits
erfahrene Wissenschaftler und Pharmazeuten aus der Industrie gewonnen werden. Sie
sollen die Translationsprozesse von vielversprechenden Projekten in beratender
Funktion begleiten und somit die Erfolgschancen für eine Vermarktung erhöhen. Auch
die Ausgründung von Biotech-Start-Ups soll gefördert werden. „Das HIPS ist ein
exzellentes Beispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen einer
außeruniversitären Forschungseinrichtung wie dem HZI und einer Universität, bei der
beide Partner ihre Expertise in der pharmazeutischen Forschung bündeln und stärken“,
sagt Dirk Heinz, Wissenschaftlicher Geschäftsführer des HZI. „Die thematische
Erweiterung bietet nun zusätzliche Anknüpfungspunkte, um die Interaktionen des HZI
und seiner Standorte mit dem HIPS und der Universität des Saarlandes weiter zu
intensivieren.“



Hintergrund: Beteiligte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler


Zum Start des neuen Zentrums für translationale Wirkstoffforschung wurden neben
den Wissenschaftlern des HIPS bereits sechs weitere Professorinnen und Professoren
mit eingebunden: Professor Robert Bals (Molekulare Therapien für
Lungenerkrankungen) und die Professorin Sigrun Smola (Wirkstoffforschung für
persistente Viruserkrankungen) vom Universitätsklinikum Homburg, die Professoren
Andreas Keller (Klinische Bioinformatik), Andriy Luzhetskyy (Metabolic Engineering von
Aktinomyzeten) und Uli Kazmaier (Totalsynthese von Naturstoffen) von der Universität
des Saarlandes sowie Professor Stephan Sieber von der TU München (TargetIdentifizierung von Naturstoffen).

Um den Themenbereich Bioinformatik sowie die
Mikrobiom- und Naturstoffforschung am HIPS weiter zu stärken, laufen derzeit
Berufungsverfahren für entsprechende Professuren gemeinsam mit der Universität des
Saarlandes. Parallel werden an der Universität neue Professuren in den Bereichen
Bioinformatik, Naturstoffsynthese, Gastroenterologie und Strukturbiologie eingerichtet,
die in das virtuelle Wirkstoffzentrum eingebunden werden sollen.

Dieser Beitrag wurde ursprünglich von der Universität des Saarlandes veröffentlicht

Interview Pharmazieforschung im Saarland: Auf dem Weg nach ganz oben

Interview Pharmazieforschung im Saarland: Auf dem Weg nach ganz oben


Eine hohe zweistellige Millionenförderung und der hochdotierte Leibniz-Preis sind Basis für den zukünftigen Quantensprung in der saarländischen antibakteriellen und antiviralen Wirkstoffforschung. Ziel sind neue Lösungen für globale Probleme in der Humanmedizin. Wir sprachen mit Professor Rolf Müller, Professor für Pharmazeutische Biotechnologie an der Universität des Saarlandes (UdS) und Direktor des Helmholtz-Instituts für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS), einem Standort des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI).

  • Herr Prof. Müller, für welche besonderen Leistungen erhielten Sie den bedeutendsten deutschen Forscherförderpreis? Warum ist dieses Gebiet so wichtig geworden?

Mit dem Preis wurden unsere Arbeiten auf dem Gebiet der Naturstoffforschung und der Biomedizinischen Mikrobiologie ausgezeichnet. Unser Fokus liegt hierbei auf der Entdeckung und Entwicklung neuer Substanzen zur Bekämpfung antibiotikaresistenter Krankheitserreger, deren Behandlung in den Kliniken immer mehr Probleme machen. Dass generell ein hoher Bedarf für neue Wirkstoffe zur Behandlung von Infektionserkrankungen besteht, zeigt nicht zuletzt die aktuelle Covid-19 Pandemie.

  • 70 Millionen Euro haben Sie in den nächsten Jahren von Bund und Land zur Verfügung. Was sind die konkreten Pläne? Mit welchen Ergebnissen rechnen Sie?  

Im Vordergrund unserer Arbeiten steht die Entwicklung neuer Antibiotika. Um hier die Erfolgsaussichten zu verbessern, bauen wir unsere Aktivitäten in der Naturstoff-Forschung, Medizinalchemie und der Mikrobiomforschung weiter aus und legen besonderen Wert auf die Entwicklung der Bio- und Chemieinformatik. Es geht darum, die riesigen Datenmengen, die im Rahmen moderner Wirkstoff-Forschung generiert werden, möglichst effizient zu verwerten und daraus Vorhersagen abzuleiten. Gerade die Schnittstelle Informatik/Medizin/Pharmazeutische Forschung bietet ideale Voraussetzungen, um aus der Grundlagenforschung heraus neue Diagnose- und Therapieverfahren zu entwickeln.

  • Wo liegen besondere Herausforderungen?

Bei der Antibiotikaentwicklung haben sich die meisten Pharmafirmen leider aufgrund ökonomischer Faktoren aus der aktiven Forschung zurückgezogen. Wir wollen durch unsere oft kooperativen Projekte mit (inter)nationalen Partnern dazu beitragen, dass auch in Zukunft noch wirksame und sichere Antibiotika zur Verfügung stehen.

  • Neben der Informatik soll als zweites Standbein die pharmazeutische Forschung inklusive der Wirkstoffforschung in der saarländischen Forschungslandschaft etabliert werden. Wo sehen Sie den wirtschaftlichen Nutzen für die Region?

Zusammen mit der Medizin und der Informatik der UdS, sowie dem Leibniz-Institut für Neue Materialien (INM) haben wir 2019 bereits die Forschungsallianz Pharmazeutische Forschung ins Leben gerufen, die erfolgreich Forschungsgruppen in gemeinsamen Wirkstoff-Projekten zusammenbringt. Neben der Grundlagenforschung haben wir aber immer auch die Überführung unserer Ergebnisse in die praktische Anwendung im Blick. Wir konnten in der Vergangenheit mehrfach zeigen, dass sich Biotechnologie-Ausgründungen sehr erfolgreich in der saarländischen Wirtschaftslandschaft ansiedeln und dort bestehen können. Für die Zukunft erwarten wir weiterhin Ausgründungen im Bereich der Wirkstoffforschung.

  • Was macht die Stärke des Saarlandes als Innovations- und Forschungsregion aus?

Herausragend ist die Entwicklung des Saarland Informatics Campus, der nun immer mehr in die interdisziplinäre Anwendung geht. Gemeinsam mit Pharmazie und Medizin entwickeln sich hervorragende Chancen für Ausgründungen und Ansiedlungen. Auch hier spielen neben der Universität die außeruniversitären Forschungseinrichtungen eine tragende Rolle. Es ist außergewöhnlich, wie gut diese Institutionen im Saarland miteinander interagieren und sich trotz der unterschiedlichen Widmungsaufträge hervorragend ergänzen.

  • Sie sind ein sogenannter „Wahlsaarländer“. Was gefällt Ihnen ganz besonders an dem kleinen Bundesland im Südwesten?

Im Saarland gehen die meisten Tätigkeiten mit kurzen Wegen und positiven persönlichen Interaktionen einher. Man pflegt meist den unkonventionellen und pragmatischen Weg zum Ziel, was der Forschung sehr zu Gute kommt. Zudem gibt es gute Chancen für Fachkräfte und viel Unterstützung für die Wissenschaft aus der Politik. Bestes Beispiel dafür ist die Förderung für den Ausbau des HIPS durch Bund und Land, für die wir sehr dankbar sind. Zuletzt möchte ich die hervorragende Lebensqualität erwähnen. Diese spiegelt sich nicht nur im guten Essen wider, sondern auch in einer grundsätzlichen Einstellung hin zur schnellen Problemlösung.  

SVOLT Interview

SVOLT
Interview


Zitatgeber: Kai-Uwe Wollenhaupt, President SVOLT Europe und Maxim Hantsch-Kramskoj, Vice President Sales & Marketing SVOLT Europe

Das Zentrum des europäischen Wirtschaftsraums

  • Warum haben Sie das Saarpolygon als Fotomotiv gewählt?

Kai-Uwe Wollenhaupt (KUW): „Wir haben uns für dieses Motiv entschieden, weil es ein Symbol für die alte und die neue Industriekultur im Saarland ist. Das Polygon ist ein Denkmal für den Steinkohlebergbau im Saarrevier und steht damit für die Vergangenheit. Die stählerne Skulptur ist aber auch so gestaltet, dass sie aus jeder Richtung eine andere Form annimmt und zeigt damit, wie wandelbar das Saarland und seine Industrielandschaft ist.“

  • Was verbinden Sie mit Heimat?

Maxim Hantsch-Kramskoj (MHK): „Für mich bedeutet Heimat einen Rückzugsort zu haben – in einer Region, die vor allem durch ihre Automobil- und Zuliefererindustrie Sicherheit, Wohlstand und Chancen bietet, aber auch viele Orte der Erholung hat. Meine Heimat, das Saarland, ist dank der Nähe zu Frankreich auch geprägt durch die kulturelle Diversität, durch die herzliche und offene Willkommenskultur und natürlich durch die Nähe zur Pfalz mit den hervorragenden Weinen.“

KUW: „Ich bin gebürtiger Dortmunder, war in meiner Karriere aber international viel unterwegs, deshalb ist meine Heimat immer dort, wo meine Familie ist. Seit vielen Jahren ist das die Region Frankfurt am Main. Dort genieße ich die Mischung aus Internationalität, der Lage in der Mitte von Deutschland und das vielseitige Umland mit Main und Rhein sowie die Naherholungsgebiete im Taunus.“

  • Was macht das Saarland aus?

MHK: „Das Saarland ist ein über Jahrzehnte gewachsener Industriestandort im Herzen Europas. Heute verbindet das Land einen starken Fokus auf die Stahl- und Automobilindustrie mit weltweit anerkannter Exzellenz im Bereich IT- und IT-Sicherheit sowie Forschung und Innovation.“

  • Warum haben Sie sich für das Saarland entschieden?

KUW: „Auf der Suche nach einem passenden Standort haben wir zwischen 2019 und 2020 über 30 Standorte in ganz Europa in einem intensiven Auswahlprozess untersucht. Letztendlich fiel die Wahl auf das Saarland. Als moderner Industrie-, Logistik- und Innovationsstandort bietet das Saarland SVOLT die Möglichkeit, hochqualifizierte Mitarbeiter zu akquirieren. Es zeichnet sich darüber hinaus durch die zentrale Lage im Zentrum des europäischen Wirtschaftsraums, eine hervorragende Infrastruktur sowie ein florierendes Umfeld mit international erfolgreichen Unternehmen aus. Das saarländische Wirtschaftsministerium und die SHS Strukturholding Saar GmbH als lokale Projektpartner haben die Gespräche mit SVOLT von Beginn an sehr hochrangig geführt und eng in der Landesregierung koordiniert. Diese Unterstützung hat zusätzlich überzeugt.“

  • Welche Mission verfolgen Sie mit Ihrem Unternehmen?

MHK: „Wir bei SVOLT sind überzeugt: Kaum eine Maßnahme wird einen größeren Beitrag zum Klimaschutz leisten als die flächendeckende Verbreitung der Elektromobilität. Die Erschwinglichkeit und damit Massentauglichkeit der Elektromobilität steht und fällt mit der Leistungsfähigkeit der Batterien in Elektrofahrzeugen. Die Elektromobilität zukunftsfähig machen – das ist unsere Mission. Deswegen stehen die Stellschrauben Sicherheit, Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit und Energiedichte im Mittelpunkt unserer.“

  • Wie passt die Mission zum Saarland?

KUW: „Angesichts der langjährigen, erfolgreichen Automobilbautradition in der Region sind wir überzeugt davon, dass auch das Auto von morgen im Saarland gebaut wird. Das Saarland ist ein Standort mit weltweit anerkannter Automotive-Expertise und herausragender Innovationskraft. Unsere geplante Ansiedlung zeigt außerdem die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes.“

  • Was wünschen Sie dem Saarland?

MHK: „Wir freuen uns, im Saarland für unsere Batteriefabriken einen Innovationsstandort gefunden zu haben und gestalten damit den Strukturwandel aktiv mit. Inspiriert vom saarländischen Pioniergeist haben auch wir uns ein hohes Ziel gesetzt: Wir wollen Vorreiter in der CO2-neutralen Batteriefertigung werden. Dem Saarland wünschen wir eine gleichermaßen erfolgreiche wie nachhaltige Zukunft als Wirtschaftsstandort in Deutschland.“

Über die Erfindung der industriellen Revolution 4.0

Über die Erfindung der industriellen Revolution 4.0.


So gelingt die Fabrik der Zukunft

Reifen melden sich, bevor sie abgelaufen sind. Hydrauliköl wird nicht in Intervallen ausgetauscht, sondern wenn es nötig ist. Industrielle Künstliche Intelligenz macht neue Services für bestehende Produkte möglich – eine Wachstumschance für die deutsche Industrie.

Die Autofabrik der Zukunft. Eine lichtdurchflutete, 30 Fußballfelder große Halle. 400 fahrerlose Transportfahrzeuge bringen Antriebe, Karosserien und Fahrzeugteile an ihren Verarbeitungsort. Gebaut wird nach Bestellung. Ganz egal, ob Limousine, SUV oder Kompaktwagen. Mit Hilfe von Hängedrehförderern, Schubplattformen und Robotern hieven Mitarbeiter Fahrzeugteile in optimale Arbeitspositionen. Verbunden ist alles mit allem. Maschinen, Anlagen, Fahrzeuge und über Datenbrillen oder Tablets auch der Mensch. Eine Hochleistungsvernetzung aus W-Lan und 5G-Mobilfunk stellt sicher, dass alle Daten der gesamten Wertschöpfungskette des Herstellers zugutekommen. „Factory 56″ nennt Daimler sein Konzept einer Autofabrik der Zukunft, das schrittweise auf alle Mercedes-Benz-Pkw-Werke übertragen werden soll.

Industrie 4.0 – Eine Idee aus dem Saarland

Wenn Maschinen, Geräte, Sensoren und Menschen sich miteinander vernetzen, reden wir von der vierten industriellen Revolution, kurz „Industrie 4.0″. Eine deutsche Erfolgsgeschichte. Zu der das Saarland wichtige Kapitel beigesteuert hat. Denn hier findet sich eine in seiner Dichte seltene Kombination von exzellenten Unternehmen und Forschungseinrichtungen mit Kompetenzen in den Bereichen Hardware, Software und Konnektivität – also die wesentlichen Treiber für die Realisierung von Industrie 4.0-Konzepten. So wundert es kaum, dass die Idee zum Begriff von einem Saarländer stammt. Wolfgang Wahlster trug ihn zur Hannovermesse 2011 mit den Physikern Henning Kagermann und Wolf-Dieter Lukas erstmals in die Öffentlichkeit. „Wenn das Internet in die Fabriken kommt, haben wir cyberphysische Systeme”, sagt Wahlster, der bis 2019 Direktor des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Saarbrücken war. „Uns war aber klar, dass wir etwas Griffigeres brauchten, obwohl cyberphysische Produktion fachlich korrekt ist.” So entstand der Begriff der „Industrie 4.0″, der auch in internationalen Veröffentlichungen heute oft mit „ie” geschrieben wird. Ein Hinweis darauf, dass man nicht das Silicon Valley kopieren muss, um in der digitalen Ära Erfolg zu haben. „Unser Ansatz war es, Zentren technologischer Forschung sehr nahe an industrielle Ökosysteme heranzuziehen”, sagt Wahlster, ein weltweit renommierter Experte für Künstliche Intelligenz im industriellen Kontext. „Das Saarland ist ein Produktions- und Autoland. Da macht es absolut Sinn, sich dort jetzt intensiv mit industrieller Künstlicher Intelligenz zu beschäftigen.” Zumal im kleinen Saarland die Wege zwischen industrieller Produktion, Wissenschaft und politischen Entscheidern so kurz sind wie sonst kaum in Deutschland.

Roboter bewegen sich schon mal so, wie es der Mensch gerade nicht erwartet.»

Tim Schwartz

Roboter mit Feingefühl

Durch das Zusammenwirken der Datenströme in Echtzeit tritt Industrie 4.0 in eine neue Phase ein – kombiniert mit schnellen 5G-Netzen, optimiert mit Künstlicher Intelligenz (KI). Roboter lernen Arbeitsschritte in Umgebungen, die ihren zukünftigen realen Einsatzorten entsprechen. Mit dem „Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik” (ZeMA) besitzt das Saarland ein ideales Testfeld für derlei Anwendungen. Airbus, VW, Bosch, Festo und andere Industriegrößen haben dessen Expertise bereits genutzt.

Wer die Halle in Saarbrücken betritt, hört das Surren von Drohnen. In einem durch Netze gesicherten Bereich schwirren die Fluggeräte über Industrie-Robotern, die mit menschlichen Kollegen gemeinsam in einer Werkstatt arbeiten. „Roboter bewegen sich schon mal so, wie es der Mensch gerade nicht erwartet”, sagt Tim Schwartz, der sich am DFKI mit kognitiven Assistenzsystemen beschäftigt. „Aber ein Mensch soll nicht bedroht werden, sich nicht mal so fühlen.” Die Daten aus der Drohnen-Kamera stellten sicher, dass der Roboter die Nähe eines Menschen erfasst und seine Bewegung bereits vor dem Kontakt abbricht. „Das neuronale Netz des Roboters ist dabei die ganze Zeit mit dem Kamerabild verbunden”, sagt Schwartz.

Die Roboter-Mensch-Interaktion muss nahtlos vonstattengehen um eine individualisierte Produktion zu ermöglichen. Tim Schwartz forscht zu kognitiven Assistenzsystemen am DFKI in Saarbrücken.

Ein zukunftweisender Test. Moderne Leichtbau-Roboter halten dank ihrer intrinsischen Sensorik zwar inne, wenn die Gegenkraft zu groß wird. „Das ist aber keine Kollisionsvermeidung”, sagt Schwartz. „Dann hat es meist schon gekracht.” Die Lösung könnte ein Roboter sein, der schon vorher stoppt, etwa der APAS von Bosch.

Bei bisherigen Einsätzen in der Industrie habe sich gezeigt, dass Menschen mit ihren sensorischen und kognitiven Fähigkeiten sich nach wie vor schneller an neue Umgebungen und Aufgaben anpassen können als Roboter, sagt Rainer Müller, wissenschaftlicher Geschäftsführer des ZeMA. „In der Wahrnehmung und Vorausschau von Situationen ist der Mensch den technischen Systemen noch überlegen, wie auch die Herausforderungen bei der Einführung von autonom fahrenden Fahrzeugen im Straßenverkehr zeigen.“ Wenn KI-Technologien Daten auswerten und sich daraus Handlungsempfehlungen ableiten lassen, brauchte es Müller zufolge auch in Zukunft die Expertise der Ingenieure, diese Empfehlungen zu hinterfragen und möglicherweise abweichende Entscheidungen zu treffen.

Denn Künstliche Intelligenz soll die individualisierte Produktion vorantreiben, ohne den Menschen auszuklammern. Für Antonio Krüger, CEO des DFKI, ist sie der zentrale Faktor für den Erfolg von Industrie 4.0. „KI ermöglicht für individuelle Kunden die preislich konkurrenzfähige Produktion von Einzelanfertigungen oder Kleinstserien.“ KI helfe bei der Flexibilisierung der Lieferketten, der Qualitätssicherung sowie bei der Schonung von Ressourcen und beim Recycling. Kleine und mittlere Unternehmen könne sie in projektorientierte Produktionsverbünde verwandeln. „Industrielle KI für das Management von Produktionslinien hilft auch dabei, Umrüstzeiten zu reduzieren“, sagt Philipp Slusallek, Standortleiter des DFKI.

Cobots, also Roboter, die Hand in Hand mit Menschen arbeiten, gelten als Wegbereiter einer flexiblen Produktion bis hin zur „Losgröße 1″ – einer umfassenden Individualisierung der Produktion, die bereits heute in der Automobilindustrie Realität ist. Der Variantenreichtum jedes Modells sorgt dafür, dass bald fast jedes Auto ein Unikat ist.

„Wir müssen nicht nur Menschen weiterbilden, sondern auch Maschinen”, sagt Andreas Schütze, Professor für Messtechnik an der Universität des Saarlandes. Sein Team forscht derzeit an einem neuen Wartungssystem, das Zustandsdaten von Maschinen feststellt und interpretiert. „Künstliche Intelligenz funktioniert durch Mustererkennung”, sagt Schütze. „Passiert etwas völlig Neues, stößt so ein System an seine Grenzen. Wir erkennen mit der sogenannten Novelty Detection auch unbekannte Vorfälle.”

Wir müssen nicht nur Menschen weiterbilden, sondern auch Maschinen.«

Andreas Schütze

Team aus Saarbrücken forscht am Unbekannten

Im ZeMA wird derzeit in einer Testreihe die Abnutzung von Stoßdämpfern untersucht. Jedes Gerät vibriert, rüttelt, brummt oder erhitzt auf seine ganz eigene Weise. Condition Monitoring, also die ständige Überwachung des Zustandes durch KI, ist geldwertes Wissen für jedes Industrieunternehmen. Ein KI-gestütztes Multisensorsystem, das etwa die Viskosität von Öl messen und auf den optimalen Zeitpunkt zum Austausch hinweisen kann, ist besser als eine starre, intervallbasierte Wartung. Am Thema vorausschauende Wartung arbeitet auch das von August-Wilhelm Scheer gegründete Start-up IS Predict in Saarbrücken. „Vorausschauende Wartung verhindert ungeplante Stillstände, ermöglicht Termintreue und Planungssicherheit,“ sagt Slusallek.

Das Rückgrat der KI muss dabei nicht unbedingt ein Rechenzentrum sein. Beim Edge Computing werden Daten direkt an der Quelle verarbeitet und in Echtzeit verfügbar gemacht. „Gerade produzierende Unternehmen sind vorsichtig mit Daten”, sagt Schütze. „Sie wollen nicht, dass ein Konkurrent ablesen kann, wie viele Stückzahlen gerade produziert werden.” Spezialrechner in der Fabrik, Auswertung direkt vor Ort – ein Zukunftsmodell, zu dem im Saarland ebenso praxisnah geforscht wird wie zur digitalen Veredelung von Bestandsanlagen, Energieinformatik oder der Mensch-Roboter-Kollaboration.

Beim Edge Computing hat Deutschland weltweit derzeit noch einen Vorsprung von zwei bis drei Jahren, wie Wolfgang Wahlster schätzt. Umso wichtiger erscheint es deshalb, jetzt in Standorte zu investieren, die Geschäftsmodelle „as-a-Service” ermöglichen. Kunden erhalten damit zusätzlich zum Produkt eine durch KI ermöglichte Dienstleistung. Michelin etwa bietet intelligente Reifen für Flugzeuge an, die die Anzahl der Landungen misst und den Verschleiß meldet. Wenn eine Schweißstation von Bosch in Indien ein halbes Prozent besser arbeitet, werden alle Stationen des weltweiten Netzwerks angepasst. Die Fernwartung von Geräten oder das Einspielen von Updates geschieht im Hintergrund, der Mensch greift nur ausnahmsweise ein. Am Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik in Saarbrücken forscht Andreas Schütze mit seinem Team zu KI-gestützten Wartungssystemen. Ziel der Forschung ist es industrielle Anwendungen effizienter aber auch sicherer zu gestalten.

Neue Batterienfabrik entsteht im Saarland

Und doch geht es nicht ohne Manpower. Im industriellen Bereich brauchen wir neben Daten auch Ingenieurwissen, das sich über Jahrhunderte herausgebildet hat. Wer ein kompliziertes Getriebe anhand von Geräuschdaten analysieren will, muss erst wissen, wie so ein Getriebe überhaupt funktioniert. Industrie 4.0 war stets als Verschmelzung des Wissens und der Tätigkeitsfelder von Ingenieuren und Informatikern gedacht.

Am besten funktioniert dies in Regionen, in denen Industrie und Forschung bereits eng vernetzt sind wie im Saarland. Demnächst steht für das Bundesland eine der größten Industrie-Ansiedlungen seiner Geschichte an. Der chinesische Hersteller SVolt plant, bis 2023 nach und nach im saarländischen Überherrn auf dem Linslerfeld und in Heusweiler-Eiweiler eine Produktion von kobaltfreien Batterien für die Autobranche hochzuziehen. Rund 2000 Arbeitsplätze sollen entstehen. Für die Autofabrik der Zukunft ist das Saarland also bereit. Vielleicht sollte Daimler die nächste Factory 56 in Saarbrücken bauen.

Erschienen im Rahmen einer Content-Kooperation mit dem Verlag der F.A.Z.

So gelingt die Zukunft des autonomen Fahrens

So gelingt die Zukunft des autonomen Fahrens


Nach dem Hype stehen die deutschen Hersteller beim autonomen Fahren auf dem Bremspedal. Kunden warten bisher vergeblich auf den Durchbruch zum Auto der Zukunft. Vielleicht haben sie auch nur die Falschen gefragt. Denn der Durchbruch kommt womöglich von den Zulieferern.

Washington, D.C. im Jahre 2054: Die Wagentür öffnet sich via DNA-Scan, vom Wohnzimmer im 100. Stockwerk aus steigt der Fahrer direkt ins Auto ein, das an der Hauswand entlang in die Tiefe gleitet und unten mühelos in den dichten Verkehr auf der Stadtautobahn einfädelt. Infrarot hält andere Fahrzeuge auf Abstand, die Beleuchtung wechselt mit der Stimmung. Die Szene stammt aus Steven Spielbergs „Minority Report“ und soll im Jahr 2054 spielen. Science-Fiction? Einige der Auto-Gadgets des Films von 2002 sind heute Alltag, etwa die Abstandshaltung zu anderen Fahrzeugen durch Sensorik. Hypermoderne Technik umzusetzen, dafür sind heute längst nicht nur kalifornische Nerds, sondern auch Entwickler in etablierten Unternehmen zuständig.

Doch in Deutschland fährt noch kein autonomes Auto die Hauswände hoch. Es traut sich nicht mal richtig in den Straßenverkehr. Ein mit modernsten Sensoren ausgestatteter Mercedes fährt eine Strecke von 1000 Kilometern im dreispurigen öffentlichen Straßenverkehr auf Autobahnen bei Paris. Bis zu 130 km/h schnell, meistert der Wagen Konvoi-Fahrten mit automatischer Abstandshaltung und autonome Überholmanöver. Nur: Das war bereits vor 26 Jahren. Eine verpasste Chance – selbst nach Maßstäben der in langen Entwicklungszyklen denkenden Automobilindustrie. Trotzdem kommt aus dem Land, das das Auto erfunden und perfektioniert hat, bisher noch kein bahnbrechender Entwurf für das autonome Fahren. Die technologischen Hürden liegen hoch. Sie zu überwinden, daran arbeiten Wissenschaftler und Ingenieure intensiv. Die Lösung könnte, man glaubt es kaum, aus dem Saarland kommen. Und das hat seine Gründe.

Zulieferer können freier als die großen Markenhersteller agieren, weil sie bei neuen Fahrzeugen keine besonderen Kundenerwartungen erfüllen müssen.»

Christian Müller

Hochqualifizierte Wissenschaftler im Saarland

Autonome Fahrzeuge müssen in Millisekundenbruchteilen die Umgebung in 360 Grad wahrnehmen, ihre Position verifizieren, Gefahrenquellen verfolgen, ihre Fahrmanöver berechnen und durchführen. „Allein auf einer Straßenkreuzung gibt es unzählige Bewegungen einzelner Verkehrsteilnehmer“, sagt Dr. Christian Müller, Leiter des Kompetenzzentrums Autonomes Fahren am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Saarbrücken, in dem 360 hochqualifizierte Wissenschaftler aus mehr als 20 Nationen an etwa 80 Forschungsprojekten arbeiten.

„Multipliziert mit unzähligen Wetter- und Tageslichtsituationen, ergibt dies Milliarden an Parametern, die ein autonomes System berechnen muss, bevor es reagiert.“ Die Rechenleistung aus Künstlicher Intelligenz (KI) macht es möglich, dass ein Fahrzeug Sensordaten in Echtzeit auswerten kann. Daten aus Kameras, Radar- und Lidar gehören dazu. Statt der Radiowellen wie beim Radar kommen bei Lidar Laserstrahlen zum Einsatz, die Abstände zu anderen Fahrzeugen und die Geschwindigkeit messen.

In der saarländischen Kreisstadt Merzig wurde eine Kreuzung mit Kameras ausgestattet, die rein zu Forschungszwecken Objekte wie Fahrzeuge, Fußgänger oder Fahrradfahrer, erkennt. Mit entsprechender Technik ausgestattete Fahrzeuge werden mit Hilfe einer standardisierten Nachricht von der Kreuzung über Position und Bewegungsrichtung der erkannten Objekte informiert. So kann das Fahrzeug ableiten, ob eine Gefahrensituation vorliegt, und den Fahrer rechtzeitig warnen.

60 000 Euro – Nur für das System

Mal angenommen, dass alles klappt. Wir erreichen die magische Automatisierungstufe vier. Das Auto fährt fast von allein, die Fahrerin oder der Fahrer relaxen. Können sie auch. Bis es ans Bezahlen geht. Denn derzeit kostet ein System aus fünf Lidar- und vier Radarsystemen, Kamera und Zentralcomputer über 60 000 Euro. Golf-Klasse klingt anders. Der Preis könnte einer Prognose der Unternehmensberater von Bain zufolge in den nächsten zehn Jahren um mehr als 85 Prozent sinken. Heute würden in erster Linie noch Prototypen- und Teile aus Kleinstserien verwendet. Eine Kostenreduktion bei der Hardware durch Industrialisierung und Skalierung soll dann für einen Preisverfall sorgen. Das wäre der Durchbruch, auf den die Kunden warten. Vielleicht haben sie bisher einfach nur die Falschen gefragt. Denn den Urknall beim vernetzten Fahren wird womöglich nicht ein großer Autohersteller, sondern ein Zulieferer auslösen. Die Branche ist Christian Müller zufolge dafür gut aufgestellt. „Zulieferer können freier als die großen Markenhersteller agieren, weil sie bei neuen Fahrzeugen keine besonderen Kundenerwartungen erfüllen müssen.“

Saarland setzt auf die Vernetzung der Forschung

Damit Deutschlands Vorzeigeindustrie den Sprung nach vorn macht, muss viel passieren. Automobilhersteller und Zulieferer müssen trotz Corona weiter in Zukunftstechnologien investieren und Partnerschaften mit großen Technologiekonzernen eingehen. Forschung und Industrie müssen eng zusammenrücken und Technologie-Cluster bilden. Dafür gibt es Beispiele, und eines findet sich im Südwesten der Republik. Internationale Exzellenz durch Top-Universitäten, kurze Wege zu politischen Entscheidern und die richtige Auto-DNA, das gibt es in dieser Kombination auf kompakter Fläche nur im Saarland. Hier befindet sich mit 42 500 Beschäftigten die höchste Dichte an Automobilbeschäftigten in Deutschland, wie es das Institut der Deutschen Wirtschaft in einer aktuellen Studie ausgewiesen hat. Im Saarland gleicht man den Größenvorteil der amerikanischen Unternehmen durch Vernetzung der Forschung aus, ohne die Amerikaner außen vor zu lassen. Denn Alphabet und Microsoft sind ebenso wie BMW und VW, Bosch und ZF Group Gesellschafter des DFKI. Das letztgenannte Unternehmen hat mit dem „ZF AI & Cybersecurity Center“ im letzten Jahr in Saarbrücken ein Technologiezentrum für Künstliche Intelligenz und Cybersicherheit gegründet und kooperiert mit dem saarländischen Helmholtz-Zentrum für Informationssicherheit (CISPA).

Die Forschungsgruppe Verkehrstelematik der htw saar forscht in Saarbrücken zu Kommunikationsmöglichkeiten von Fahrzeugen untereinander sowie mit der Verkehrsinfrastruktur. Die Versuchsanwendungen haben das Ziel zu mehr Sicherheit, Umweltfreundlichkeit und Effizienz im Straßenverkehr beizutragen.

Zwei Jungs hacken einen Jeep – und bekommen einen Job

Es geht um ein Zukunftsthema: Datensicherheit im Auto. Im Jahr 2015 hackten zwei junge Amerikaner das System eines Jeep Cherokee. Das brachte ihnen ein bisschen Ärger, aber letztlich einen Job beim Fahrdienst-Vermittler Uber ein. An Systemen, die Kommunikation in einem autonomen Fahrzeug absichern, wird im Saarland intensiv geforscht. „Im Auto sind Hunderte von Komponenten vom Gaspedal über die Scheibenwischer bis zur Bremse miteinander vernetzt“, sagt Christian Rossow, leitender Wissenschaftler am CISPA. „Leider reicht es meistens aus, nur eines dieser Komponenten zu manipulieren, um das ganze Auto kontrollieren zu können. Dieses Problem wollen wir lösen.“ Daran arbeiten die Zulieferer mit. „Das ist nicht nur aus Sicherheitsgründen wichtig, sondern auch um das Vertrauen der Menschen in das autonome Fahren zu fördern“, sagt Torsten Gollewski von der ZF Group, die wie Bosch, Dürr und andere weltweit erfolgreichen Zulieferer im Saarland ansässig ist. Auf dem länderübergreifenden Testfeld Deutschland-Frankreich-Luxemburg etwa lassen sich Zukunftsszenarien der Mobilität über Ländergrenzen hinweg untersuchen – Tesla würde hier eine perfekte Infrastruktur vorfinden, die jedem internationalen Vergleich standhält. Die Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (HTW Saar) kooperiert mit Bundes- und EU-Forschungsprojekten und mit der Automobilindustrie. Wenn es ums Prüfen und Testen geht, sind deutsche Ingenieure Weltspitze und werden das auch bleiben: Von knapp 3000 Patenten, die zum autonomen Fahren seit 2010 weltweit registriert wurden, stammt rund die Hälfte aus Deutschland.

Spitzentechnologie – aus St. Ingbert und Püttlingen

Eine zum Patent angemeldete Neuheit ist der Prüfstand der Dürr Group, auf dem sich autonome und teilautonome Fahrzeuge testen lassen. Das Unternehmen rechnet zukünftig wegen der stärkeren Verbreitung von Elektrofahrzeugen zwar mit weniger Abgastests. „Aber Funktionstests und die gesetzlich geforderte Bremsprüfung, die bleiben“, sagt Thomas Kolb von Dürr Assembly Products aus dem saarländischen Püttlingen. Eine halbe Autostunde Richtung Westen, in St. Ingbert, lässt iMAR Navigation auf Prüfgeländen Fahrzeuge autonom fahren. „Da sind zehn Fahrzeuge unterwegs, die tun so, als wären sie normaler Verkehr“, sagt Gründer Edgar von Hinüber. „Und in diesem Pulk von Fahrzeugen ist ein Testfahrzeug unterwegs, das bestimmten Aufgaben unterzogen wird. Wenn da etwas schiefgeht, ist das ärgerlich, aber es kommt niemand zu Schaden.“ Das Unternehmen hat eine Test-Software für hochautomatisierte Autos in verschiedenen Verkehrssituationen entwickelt und forscht auch zu People-Mover-Systemen, automatisch verkehrenden Fahrzeugen für meist kurze Strecken. Diese seien derzeit noch sehr langsam. „Die mit siebzig, achtzig Stundenkilometern fahren lassen, das ist eine Herausforderung, die derzeit noch keiner hinkriegt.“ Aber diese Systeme sind, wenn auch in gemessenem Tempo, bereits weltweit im Einsatz. Etwa bis zum Sommer die autonomen Minibusse am Mainkaiufer in Frankfurt am Main oder die People-Mover-Systeme von ZF für die autofreie und CO2-neutrale Stadt Masdar in Abu Dhabi.

Im Auto sind hunderte von Komponenten vom Gaspedal über die Scheibenwischer bis zur Bremse miteinander vernetzt.»

Christian Rossow

In Zukunft ohne menschlichen Aufpasser

In Zukunft soll das Software im Auto ohne menschlichen Aufpasser hinbekommen. „Künstliche Intelligenz ändert die Fahrzeugarchitektur zum ersten Mal seit Jahrzehnten grundlegend“, glaubt Manuvir Das von Nvidia. Die Technik des amerikanischen Chipkonzerns soll teilautomatisiertes Fahren und eigenständiges Navigieren auf Parkplätzen ermöglichen. Ein Daimler-Modell mit dem gemeinsam entwickelten System soll Ende 2024 auf die Straße kommen. Für die Automobilindustrie womöglich ein Paradigmenwechsel. Ein Auto wäre nicht mehr als Neuwagen am besten, sondern wird durch Software-Updates wertvoller.

Der Urknall beim autonomen Fahren ist womöglich näher als gedacht. Er könnte durchaus in den nächsten zehn Jahren stattfinden – die Autos müssen dann ja nicht gleich wie in „Minority Report“ an Hochhauswänden hoch- und runterflitzen.

Erschienen im Rahmen einer Content-Kooperation mit dem Verlag der F.A.Z.