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Interview Pharmazieforschung im Saarland: Auf dem Weg nach ganz oben


Eine hohe zweistellige Millionenförderung und der hochdotierte Leibniz-Preis sind Basis für den zukünftigen Quantensprung in der saarländischen antibakteriellen und antiviralen Wirkstoffforschung. Ziel sind neue Lösungen für globale Probleme in der Humanmedizin. Wir sprachen mit Professor Rolf Müller, Professor für Pharmazeutische Biotechnologie an der Universität des Saarlandes (UdS) und Direktor des Helmholtz-Instituts für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS), einem Standort des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI).

  • Herr Prof. Müller, für welche besonderen Leistungen erhielten Sie den bedeutendsten deutschen Forscherförderpreis? Warum ist dieses Gebiet so wichtig geworden?

Mit dem Preis wurden unsere Arbeiten auf dem Gebiet der Naturstoffforschung und der Biomedizinischen Mikrobiologie ausgezeichnet. Unser Fokus liegt hierbei auf der Entdeckung und Entwicklung neuer Substanzen zur Bekämpfung antibiotikaresistenter Krankheitserreger, deren Behandlung in den Kliniken immer mehr Probleme machen. Dass generell ein hoher Bedarf für neue Wirkstoffe zur Behandlung von Infektionserkrankungen besteht, zeigt nicht zuletzt die aktuelle Covid-19 Pandemie.

  • 70 Millionen Euro haben Sie in den nächsten Jahren von Bund und Land zur Verfügung. Was sind die konkreten Pläne? Mit welchen Ergebnissen rechnen Sie?  

Im Vordergrund unserer Arbeiten steht die Entwicklung neuer Antibiotika. Um hier die Erfolgsaussichten zu verbessern, bauen wir unsere Aktivitäten in der Naturstoff-Forschung, Medizinalchemie und der Mikrobiomforschung weiter aus und legen besonderen Wert auf die Entwicklung der Bio- und Chemieinformatik. Es geht darum, die riesigen Datenmengen, die im Rahmen moderner Wirkstoff-Forschung generiert werden, möglichst effizient zu verwerten und daraus Vorhersagen abzuleiten. Gerade die Schnittstelle Informatik/Medizin/Pharmazeutische Forschung bietet ideale Voraussetzungen, um aus der Grundlagenforschung heraus neue Diagnose- und Therapieverfahren zu entwickeln.

  • Wo liegen besondere Herausforderungen?

Bei der Antibiotikaentwicklung haben sich die meisten Pharmafirmen leider aufgrund ökonomischer Faktoren aus der aktiven Forschung zurückgezogen. Wir wollen durch unsere oft kooperativen Projekte mit (inter)nationalen Partnern dazu beitragen, dass auch in Zukunft noch wirksame und sichere Antibiotika zur Verfügung stehen.

  • Neben der Informatik soll als zweites Standbein die pharmazeutische Forschung inklusive der Wirkstoffforschung in der saarländischen Forschungslandschaft etabliert werden. Wo sehen Sie den wirtschaftlichen Nutzen für die Region?

Zusammen mit der Medizin und der Informatik der UdS, sowie dem Leibniz-Institut für Neue Materialien (INM) haben wir 2019 bereits die Forschungsallianz Pharmazeutische Forschung ins Leben gerufen, die erfolgreich Forschungsgruppen in gemeinsamen Wirkstoff-Projekten zusammenbringt. Neben der Grundlagenforschung haben wir aber immer auch die Überführung unserer Ergebnisse in die praktische Anwendung im Blick. Wir konnten in der Vergangenheit mehrfach zeigen, dass sich Biotechnologie-Ausgründungen sehr erfolgreich in der saarländischen Wirtschaftslandschaft ansiedeln und dort bestehen können. Für die Zukunft erwarten wir weiterhin Ausgründungen im Bereich der Wirkstoffforschung.

  • Was macht die Stärke des Saarlandes als Innovations- und Forschungsregion aus?

Herausragend ist die Entwicklung des Saarland Informatics Campus, der nun immer mehr in die interdisziplinäre Anwendung geht. Gemeinsam mit Pharmazie und Medizin entwickeln sich hervorragende Chancen für Ausgründungen und Ansiedlungen. Auch hier spielen neben der Universität die außeruniversitären Forschungseinrichtungen eine tragende Rolle. Es ist außergewöhnlich, wie gut diese Institutionen im Saarland miteinander interagieren und sich trotz der unterschiedlichen Widmungsaufträge hervorragend ergänzen.

  • Sie sind ein sogenannter „Wahlsaarländer“. Was gefällt Ihnen ganz besonders an dem kleinen Bundesland im Südwesten?

Im Saarland gehen die meisten Tätigkeiten mit kurzen Wegen und positiven persönlichen Interaktionen einher. Man pflegt meist den unkonventionellen und pragmatischen Weg zum Ziel, was der Forschung sehr zu Gute kommt. Zudem gibt es gute Chancen für Fachkräfte und viel Unterstützung für die Wissenschaft aus der Politik. Bestes Beispiel dafür ist die Förderung für den Ausbau des HIPS durch Bund und Land, für die wir sehr dankbar sind. Zuletzt möchte ich die hervorragende Lebensqualität erwähnen. Diese spiegelt sich nicht nur im guten Essen wider, sondern auch in einer grundsätzlichen Einstellung hin zur schnellen Problemlösung.